SAN DIEGO, Kalifornien: Auch nachdem ihre Häuser großflächigen
Bränden zum Opfer gefallen sind, die ganze Ortschaften dem Erdboden
gleichgemacht haben, betrachten die Heiligen der Letzten Tage im
Städtchen Poway noch alles aus der richtigen Perspektive: Häuser
sind rein materieller Natur und können ersetzt werden!
Als Gary Sabin, Präsident des Pfahls Poway, inmitten der noch
rauchenden, verkohlten Ruinen des einstigen Hauses von Mark und
Terri Wery an den Überresten verputzter Wände und eines Kamins
vorbeikam, wurde ihm allerdings klar, welch schweren Verlust diese
Mitglieder der Kirche und ihre Nachbarn erlitten hatten.
In dem früher stark bewaldeten Einzugsgebiet des Pfahls im Norden
des Kreises San Diego wurden von Witch Creek bis Rancho Santa Fe an
die 80 000 Hektar Land, 500 Wohnhäuser und über 500 weitere Gebäude
vernichtet. In Poway fielen bestätigten Berichten zufolge etwa 33
Häuser den Flammen zum Opfer. Mindestens 16 davon waren von
Familien bewohnt, die der Kirche angehören. Vermutlich wurden in
ganz Südkalifornien bei den vom Wind angefachten Bränden hunderte
Häuser von Mitgliedern der Kirche zerstört. Der Brand in Poway
gehörte zu den mindestens 17 Feuersbrünsten, bei denen zwischen dem
20. und dem 25. Oktober acht Menschen umkamen, über 1500 Häuser
niederbrannten und etwa 1900 Quadratkilometer Nutzfläche vernichtet
wurden. Der finanzielle Schaden, der in Südkalifornien entstanden
ist, beläuft sich auf mindestens eine Milliarde US-Dollar.
Bruder Wery und seine Frau mussten -- wie hunderttausende andere
Bürger des Kreises San Diego auch -- ihr Haus am 22. Oktober wegen
der wütenden Flammen räumen. Sie verfolgten daraufhin aufmerksam
die Berichterstattung in den Medien und informierten sich
telefonisch darüber, wie es um ihr Haus stand. Ein Freund ihres
19-jährigen Sohnes Ezra, der das Grundstück gesehen hatte,
überbrachte schließlich die Hiobsbotschaft. Schwester Wery sagt,
ihr erster Gedanke sei gewesen, dass das doch nicht wahr sein
könne.
„Man möchte einfach nicht wahrhaben, dass es einen selbst trifft“,
erklärt sie. „Das will einem einfach nicht in den Kopf.“ Doch dann
relativiert sie den Verlust ihres Hauses mit den Worten: „Wir
können ja doch nichts mitnehmen. Es ist sowieso nur lebloser
Kram.“
Schwester Wery hatte in dem geräumigen Haus einige Senioren
beherbergt. Die ersten zwei Tage nach der Evakuierung konzentrierte
sie sich darauf, für sie eine neue Bleibe zu finden, in der sie gut
aufgehoben sind. Bald hatte sie die drei älteren Damen, die sich an
niemanden sonst hätten wenden können, in einem Seniorenheim
untergebracht. Sie erzählt, dass sie die Tränen nicht mehr
zurückhalten konnte, als sie erfuhr, dass der Besitzer des Heims
ebenfalls Mitglied der Kirche ist.
Das Feuer mag das Leben der Werys aus den Fugen gerissen haben,
nicht aber ihren Glauben. Schwester Wery fand es am wichtigsten,
dass die ganze Familie unversehrt geblieben ist und dass ihr Mann
vor der Abfahrt noch die Heiratserlaubnis, Hochzeitsfotos,
Familienfotos und andere wichtige Erinnerungsstücke ins Auto packen
konnte. Dafür seien alle sehr dankbar.
Schwester Wery erzählt, was sie einmal aus einem Gespräch mit
Präsident Sabin gelernt hat. Er setzte mit dem Stift mitten auf
eine Seite in einem Notizbuch einen Punkt. Dann bat er sie, sich
vorzustellen, dass die zwei Ränder der Seite unsagbar weit
voneinander entfernt seien. Zur Erklärung sagte er dann, der Punkt
stehe für unser Leben und sei geradezu unerheblich im Verhältnis
zum Rest der Seite, welche die Ewigkeit darstelle.
„Mein Mann meint, wir hätten wohl Glück im Unglück gehabt“, erzählt
Schwester Wery weiter. Sie sieht es genauso. Das könne einem aber
erst klar werden, wenn man nicht mehr auf den Punkt starrt.
Auch Jeff und Chris Mangum hat, wie sie Präsident Sabin wissen
ließen, ihr Glaube geholfen, den Verlust ihres Hauses zu
verarbeiten. Es hatte in einem Canyon im Gebiet der Gemeinde Green
Valley gestanden, wo jetzt nur noch verbrannte Erde zu finden ist.
Einzig übrig geblieben waren der Grill auf der Veranda hinter dem
Haus und ein Swimmingpool, dessen Wasser schwarz vor Asche war. Als
Bruder Mangum erfahren hatte, dass sein Haus in Schutt und Asche
lag, musste er an seine Vorfahren denken, erzählte er Präsident
Sabin. Diese hatten vor 151 Jahren etwa zur gleichen Jahreszeit als
Pioniere auf dem Weg in den amerikanischen Westen in Martin’s Cove
in Wyoming gefroren und Hunger gelitten.
„Wenn sie das ausgehalten haben“, so Bruder Mangum, „kann ich wohl
ein Haus wieder aufbauen, das versichert ist.“
Auf der anderen Seite des Canyons, umgeben von den Trümmern
weiterer ausgebrannter Häuser, steht das Haus von Präsident Sabin.
Während die umstehenden Häuser der Mitglieder abgebrannt sind,
blieb seines als eines von wenigen verschont. Dafür war er sehr
dankbar, was ihn aber nicht davon abhielt, den Mitgliedern des
Pfahls und Freunden, die weniger Glück hatten, voller Anteilnahme
beizustehen.
Auch das Haus von Jeff Hawks, dem Bischof der Gemeinde Green
Valley, steht noch, und so kümmert er sich mit Rat und Tat um die
Mitglieder der Gemeinde, deren Häuser zerstört oder beschädigt
wurden. Er hält es für ein Wunder, dass angesichts des Bildes der
Verwüstung, das sich in Poway bietet, nur fünf Mitgliederfamilien
ihr Haus verloren haben.
„Auf das Materielle kommt es letztlich nicht an“, sagt er und
verleiht damit einer Ansicht Ausdruck, die er, wie er sagt, mit
anderen Mitgliedern der Gemeinde teilt. „Wir haben unseren Glauben,
wir haben unsere Familie, und das Materielle werden wir ersetzen
können.“
Mark Lockyer aus der Gemeinde Green Valley war seelisch an einem
Tiefpunkt angelangt, als er Präsident Sabin erzählte, wie er
versucht hatte, sein brennendes Haus zu schützen, das zwar
abbezahlt, aber unversichert war. Lockyer konnte sich in letzter
Sekunde retten, als die Flammen bereits an ihm züngelten. Als er
aber wenig später noch einmal zu Präsident Sabin kam, war er
sichtlich erleichtert: Das Feuer, das der Wind vor sich
hergetrieben hatte, war mit solch einer Geschwindigkeit über sein
Haus hinweggezogen, dass nur ein geringfügiger Schaden entstanden
war.
John und Kathy Huish sind dankbar, dass ihr Haus verschont
geblieben ist. Sie hatten gerade erst begonnen, es mit der
aufwändigen Weihnachtsdekoration zu schmücken, die zu Weihnachten
immer hunderte fröhliche Kinder anzieht. Dennoch empfanden sie
tiefes Mitleid für Dave und Bobbi Brunson, die wie sie zur Gemeinde
Green Valley gehören -- von ihrem Haus auf der anderen Straßenseite
war nur ein Haufen Asche übrig geblieben.
Kathleen Muir berichtet, dass ihr Haus verschont blieb, während
umliegende Häuser brannten. Sie sagt: „Jedes Mal, wenn ich
Feuerwehrleute und Polizisten sehe, verspüre ich große Dankbarkeit,
weil jemand mein Haus gerettet hat. Ich hatte ein unglaubliches
Glück.“
Das drohende Feuer veranlasste Präsident Sabin am Abend des 21.
Oktobers, es war ein Sonntag, zum Handeln. Mitglieder des Pfahls
Ramona waren von den Behörden ausquartiert worden und waren auf dem
Weg zum Pfahlzentrum von Poway, wo sie Hilfe bekommen und
untergebracht werden sollten. Am frühen Montagmorgen aber wurde
bekannt, dass auch Poway evakuiert werden musste.
Präsident Sabin überließ die ihm anvertrauten Mitglieder nicht sich
selbst, sondern eilte ihnen wie ein wahrer Hirte zu Hilfe. Er
wollte sie gemeinsam in einer vertrauten Umgebung unterbringen und
nicht jeden für sich in den von staatlicher Seite bereitgestellten
Notunterkünften. Er kannte ein Gemeindehaus außerhalb der
Gefahrenzone in der Nähe des Qualcomm-Stadions, in dem sich die
größte von den Behörden eingerichtete Notunterkunft befand. Er rief
den Präsidenten des Pfahls San Diego Ost, Bill Thundstrom, an und
fragte ihn, ob er das Pfahlzentrum zur Verfügung stellen
würde.
Präsident Thundstrom sagte nicht nur umgehend zu, sondern ging auch
gleich selbst an die Arbeit. Wie Präsident Sabin berichtet, war das
Pfahlzentrum fertig hergerichtet und mit allem ausgestattet, was
man brauchte, um der Gruppe zu helfen und sie angenehm
unterzubringen und bei guter Laune zu halten, als sie
eintraf.
Die Mitglieder vor Ort spendeten Lebensmittel und anderes für den
täglichen Bedarf. Die Frauenhilfsvereinigung bereitete Essen zu und
gab es aus. Nachdem die Schulen wegen des Feuers geschlossen waren,
„erkundigten sich Jugendgruppen aus allen Gemeinden, wie sie helfen
könnten“, erzählt Marty Morgan vom Hoherat des Pfahls San Diego,
der den Auftrag hatte, sich um den Betrieb des Pfahlzentrums zu
kümmern. Wie er sagt, waren die Jugendlichen gern bereit, zu
putzen, Kekse zu backen und die Kinder zu unterhalten.
Bischof Harold Smith von der Gemeinde Del Cerro, die dieses
Pfahlzentrum ebenfalls nutzt, führte die Aufsicht im Gebäude. Wie
er sagt, ging die Hilfe des Pfahls sogar so weit, dass man Leute,
die ausquartiert worden waren, morgens bis vor die Tür
ortsansässiger Mitglieder fuhr, die ihnen angeboten hatten, bei
ihnen zu duschen.
„Wer verschont geblieben ist, scheint ein unbändiges Verlangen
danach zu haben, anderen zu helfen“, sagt Präsident Sabin und meint
damit die Mitglieder des Pfahls San Diego, seines eigenen Pfahls
und viele Freunde und Geschäftspartner, die weit weg von San Diego
wohnen.
„Hier zeigt sich große Selbstlosigkeit.“
Mittlerweile kann er auch bezeugen, dass diese Selbstlosigkeit
nicht abreißt. Die Betroffenen helfen jetzt einander, ihre
traumatischen Erlebnisse mit der Feuersbrunst zu verarbeiten.
Hinweis an Journalisten:Bitte verwenden Sie bei der Berichterstattung über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bei deren ersten Nennung den vollständigen Namen der Kirche. Weitere Informationen hierzu im Bereich Name der Kirche.