SALT LAKE CITY - Respekt vor unterschiedlichen Glaubensansichten
und den besonderen Verdiensten aller Glaubensgemeinschaften der
Welt zeichnet die Mormonen von jeher aus. Schon als die Kirche Jesu
Christi der Heiligen der Letzten Tage noch in ihren Anfängen
steckte, erhob Joseph Smith Religionsfreiheit und religiöse
Toleranz zum Grundsatz: „Wir beanspruchen das Recht, den
allmächtigen Gott zu verehren, wie es uns das eigene Gewissen
gebietet, und gestehen allen Menschen das gleiche Recht zu, mögen
sie verehren, wie oder wo oder was sie wollen.“ (11.
Glaubensartikel.)
In diesem Sinne forderte auch Thomas S. Monson, der Präsident der
Kirche, anlässlich der halbjährlich stattfindenden Generalkonferenz
mehr Verständnis für andere Religionen: „Ich möchte die Mitglieder
der Kirche, wo immer sie auch sein mögen, anspornen, allen Menschen
überall freundlich und respektvoll zu begegnen. Die Welt, in der
wir leben, ist voller Vielfalt. Wir können und müssen denjenigen,
deren Glauben sich von unserem unterscheidet, Achtung erweisen.“
Die Heiligen der Letzten Tage betrachten jeden aufrechten
Gläubigen, der nach seiner Überzeugung handelt und sich dem großen
Werk widmet, der Menschheit zu dienen, als ihresgleichen.
Präsident Dieter F. Uchtdorf von der Ersten Präsidentschaft, dem
höchsten Führungsgremium der Kirche, unterstrich, dass Gott alle
Menschen liebt und nicht nur diejenigen, die einer bestimmten
Religion angehören: „Wir ehren und schätzen die aufrechten Menschen
jeder Glaubensrichtung, die Gott von ganzem Herzen geliebt haben,
wo oder wann sie auch gelebt haben mögen, obwohl sie nie die Fülle
des Evangeliums hatten. Wir sind dankbar für ihre Selbstlosigkeit
und ihren Mut. Wir heißen sie als Brüder und Schwestern, Kinder
unseres himmlischen Vaters, willkommen. ... [Gott] hört die Gebete
der demütigen und aufrechten Menschen jeder Nation, jeder Sprache
und jedes Volkes. Er schenkt denen Licht, die ihn suchen und ihn
ehren und die willens sind, seine Gebote zu befolgen.“
Krister Stendahl, inzwischen verstorbener evangelischer Bischof von
Stockholm und emeritierter Professor an der theologischen Fakultät
der Harvard-Universität, stellte einmal drei Regeln für das
Verständnis unter den Religionen auf: 1.) Wenn man eine fremde
Religion verstehen möchte, muss man ihre Anhänger befragen und
nicht ihre Gegner; 2.) man darf die besten Seiten, die man selbst
hat, nicht mit den schlechtesten der anderen vergleichen; und 3.)
man muss einem „heiligen Neid“ Raum lassen, wenn man an einer
anderen Religion etwas Nachahmenswertes entdeckt. Durch solche
Grundsätze wird der Austausch zwischen den Religionen angeregt,
Vertrauen aufgebaut und eine Grundlage für karitative Arbeit
gelegt.
Um der geistigen und materiellen Not in der Welt zu begegnen,
müssen die verschiedenen Glaubensgemeinschaften verständnisbereit
sein und zusammenarbeiten. Sie alle leisten einen wertvollen
Beitrag für die Gemeinschaft der Gläubigen im weiteren Sinne. Wie
Orson F. Whitney, einer der Apostel aus der Anfangszeit der Kirche,
sagte: „Gott bedient sich nicht nur eines Volkes, um sein
großartiges und herrliches Werk zu vollbringen. Die Heiligen der
Letzten Tage können nicht alles allein bewältigen. Für ein
einzelnes Volk ist diese Sache zu gewaltig, zu schwierig.“ Die
Mitglieder der Kirche sehen in anderen Gläubigen daher keine Gegner
oder Konkurrenten, sondern Partner, die ebenfalls viel Gutes in der
Welt bewirken. Beispielsweise hat sich die Kirche mit einem
katholischen Hilfswerk zu einer Art Fürsorgeverbund
zusammengefunden, der Hungernden und Opfern von Naturkatastrophen
hilft. Außerdem leistete sie gemeinsam mit Islamic Relief Worldwide
und der islamischen Gesellschaft im Großraum Salt Lake City im
Dezember 2004 humanitäre Soforthilfe für die von einem Tsunami
betroffenen Gebiete in Indonesien, Thailand und Sri Lanka.
Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Zusammenarbeit
zwischen den Religionen nicht zu Kompromissen in der Lehre zwingt.
Aber auch wenn die Kirche auf ihre organisatorische Unabhängigkeit
besteht und sich der Unterschiede in der Lehre bewusst ist, gibt es
keinen Grund, sich bei karitativen Projekten nicht mit anderen
Glaubensgemeinschaften zusammenzutun. Dabei bilden universelle
Wertvorstellungen die Grundlage. Eine unterschiedliche Auffassung
vom Sühnopfer Jesu Christi beispielsweise tut ja dem christlichen
Auftrag, seinen Nächsten wie sich selbst zu lieben, keinen Abbruch.
Man muss also zwischen karitativen Projekten und Kernpunkten der
Lehre unterscheiden, wenn man die gemeinsame Sorge um die
Bedürftigen im Blick hat. Wer guten Willens ist, muss mit anderen
nicht den Glauben teilen, um im Dienst am Nächsten Großartiges zu
leisten.
Hinweis an Journalisten:Bitte verwenden Sie bei der Berichterstattung über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bei deren ersten Nennung den vollständigen Namen der Kirche. Weitere Informationen hierzu im Bereich Name der Kirche.